Eine heikle Diagnose und ein klares Ziel

 

Dies war meine 4. Schwangerschaft und doch wieder aufregend und faszinierend und die ersten Wochen geprägt durch Hoffen und Bangen, das Hoffen und die Freude waren aber stets am überwiegen. In der 14. SSW kam es zu Blutungen, die gehören da doch gar nicht hin! Nach einem großen Schreck gab es Entwarnung und die Bitte etwas ruhiger zu machen. Mein Bauch war immer wieder hart und somit gab es schon ab der 17. SSW ein Teilbeschäftigungsverbot, was ich als Zeichen wahrnahm, dass ich dem entstehenden Leben mehr Zeit und Raum geben soll. Die Wochen vergingen, der harte Bauch blieb und in der 27. SSW verordnete ich mir erstmal selber verstärkt Ruhe, es fühlte sich ungut an zu viel auf den Beinen zu sein. Bei der Untersuchung wurde das Gefühl bestätigt, zuerst von Marlene, anschließend von der Frauenärztin: verkürzter Gebärmutterhals auf 2 Zentimeter und ein weicher Muttermund. Also sollte ich weiter Liegen und in der folgenden Zeit wöchentlich bei der Ärztin vorstellig werden. Nach 2 weiteren Untersuchungen beschloss ich dies bleiben zu lassen, mein Gefühl für meinen Körper hat immer gestimmt und ich hab sehr gut gemerkt was ich kann und was zu viel ist, dieses viele Nachschauen verunsichert nur unnötig und birgt evtl noch weitere Risiken. Der Befund war stabil, ich bekam ein absolutes Beschäftigungsverbot und ging fortan nur noch zu Marlene zur Vorsorge. In der 31. SSW war der Muttermund bereits fingerdurchlässig, mein Körper reagierte schnell auf wehenauslösende Dinge und der harte Bauch hatte manchmal schon eine andere Qualität als mal eben ein wenig hart. Also weiter Liegen! In der 33. SSW war jeglicher Gebätmutterhals verstrichen und der Muttermund 1 Zentimeter auf... Die Ärztin hätte mich sicher ins Krankenhaus geschickt, aber das wollte ich nicht und somit bin ich auch nicht mehr zu ihr gegangen, ich wollte zuhause sein, bei meiner Familie und in Ruhe weiter brüten. Eine riesen Aufgabe war das, alles andere abzugeben und sich voll und ganz dem werdenden Leben hingeben, es auszuhalten reduziert auf dieses eine, wahnsinnig wichtige zu sein und nicht all den anderen Dingen nachzugehen. Es gab Tage der Verzweiflung oder des Frustes, auf jeden Fall. Die Erlebnisse reduzieren sich, man mag nicht mehr lesen, keine Filme mehr schauen und zum abendlichen Austausch mit dem Partner kann man auch nicht mehr viel beitragen auser das man sich mal von der linken Seite auf die rechte gedreht hat. Aber das Ziel ist so klar und gibt einem die Kraft die Herausforderung zu schaffen. Bis zur 37. SSW wurde nicht weiter kontrolliert, um die Risiken gering zu halten. Der Muttermund war nun 2 Zentimeter geöffnet, aber ich fing an wieder zu belasten, kurze Spaziergänge, längeres Sitzen, kleine Einkäufe, wieder ein wenig am sozialen Leben teilnehmen und auch meinen Körper zu aktivieren, der durch die knappen 10 Wochen in der Horizontalen doch sehr an Muskeln und Fitness verloren hatte. Zur wieder gewonnenen Freiheit mischte sich aber auch eine Ungeduld, da brütet man so lange damit ja nichts zu früh passiert und dann passiert gar nichts. Nach einem intensives sonnigen Wochenende mit der Familie war es dann aber endlich soweit, 2 Wochen vor Termin, zuhause und so wunderschön durften wir unser Baby auf dieser Welt in Empfang nehmen.

 

 

 

Nach den vielen Wochen Liegen und der Freude darüber, doch den Zeitraum erreicht zu haben wo ich offiziell zuhause entbinden darf richtete sich allmählich eine Ungeduld ein, Baby ich habe Sehnsucht nach dir, ich möchte dich kennenlernen! Der Sonntag war wunderschön, ein warmer Frühlingstag, abends ein Lagerfeuer und als die Großen im Bett waren noch eben rasch den Grünkohl endlich eingekocht, der die letzten Wochen im Beet warten musste und mehrfach Treppe hoch, Treppe runter, Erdgeschoss in den 2. Stock. Verdächtiger Aktionismus der mich selber schon zum Schmunzeln brachte. Zufrieden mit dem Tagwerk fiel ich ins Bett und schlief erholsam und tief, bis 4:34 Uhr ich aus dem vermeintlichen Tiefschlaf sehr klar wach wurde und erstaunlich genau spürte, wie die Fruchtblase sprang. Hoppala :) Also erst einmal zur Toilette gegangen, Farbe kontrolliert - alles so wie es sein soll. Mit dem Gedanken das ich noch ein wenig weiter schlafe bin ich wieder ins Bett gegangen, vorsorglich mit einem Handtuch zwischen den Beinen, aber schon kommt der nächste Schwupp. Ich wecke meinen Freund und sage ihm, das ich einen Blasensprung habe. Verschlafen starten wir noch einen weiteren versuch zu schlafen, doch da kommt die erste starke Wehe. 3. Geburt und der Befund, mir wurde immer gesagt es ginge sicherlich schnell, also hat mein Freund Marlene angerufen damit sie bitte kommt. Während er telefoniert bekomme ich Zweifel, Tatsache nach einer Wehe die Hebamme gleich rufen, ist das nicht albern und etwas zu voreilig...? Kann ja schließlich noch eine ganze Weile dauern bis da was passiert. Aber okay, zu spät, wird schon passen. S. richtet das Zimmer her, die nächste Wehe kommt und auf einmal möchte ich nicht mehr alleine sein, bekomme das große Zittern, mir ist schrecklich kalt und mir wird klar, dass es nun doch ernst ist. Aufregung und Freude mischen sich und zwischendrin muss ich mal veratmen und entscheiden, ob wir den Ofen noch anheizen und den Pool herrichten oder nicht. Ich merke ich möchte nicht alleine sein, werde aber langsam ruhiger und so kann S. doch das Huhn für die Suppe und das Feuerholz holen um den Ofen anzuheizen. Dann kommt Marlene, atmet mit mir, strahlt Ruhe aus, stellt mir Fragen um herauszufinden wie es bisher gelaufen ist, untersucht mich und stellt fest, das der Muttermund schon komplett auf ist! War wohl doch nicht so verkehrt gleich anzurufen. Meine Gedanken schweifen ab zu Eva, die erst ihre Kinder noch unterbringen muss ehe sie aufbrechen kann, da ihr Mann so früh ausser Haus geht. Puh, Management ist doch alles! Die nächste Wehe kommt und nun steht ein weinendes Kind vor mir, 5:23 Uhr, er kann nicht mehr schlafen, ihm ist so heiß und ich denke die Situation überfordert ihn im ersten Moment. Und nun kommt auch der große, die ganze Familie ist auf den Beinen. Ich möchte die Kinder beruhigen, gebe das aber schnell an S. ab, der ruhig und sanft reagiert. Die Wehen kommen heftig aber erträglich, ich probiere verschiedene Stellungen aus aber meine Gedanken kreisen um die Buben, wie doof ist diese Situation, sollen sie in die Schule heute, obwohl zuhause ihr Geschwisterchen kommt? In der Schule sitzen und nicht wissen wann es soweit ist – total doof, nein, das machen wir nicht. Der Abstand zwischen den Wehen wird größer, ich rede mit Marlene darüber – vielleicht blockieren mich meine Gedanken? Marlene gibt mir eine klare Ansage, das ich mich auf unser Baby konzentrieren soll, die Buben sind versorgt! Und prompt kommt die nächste Wehe mit einer solchen Kraft, ich fühle selber mit meiner Hand hin und taste ein Köpfchen! Marlene, der KOPF! Fast hätte sie ihn übersehen, so schnell wurde es nun ernst. Sie ruft S. zu uns. Ich bewege mich, arbeite dem Kind entgegen, spüre was mein Körper z u tun hat und lass einfach los. S. stützt mich und gibt mir Kraft. Mit der nächsten Wehe muss ich langsam machen um Verletzungen zu verhindern, doch die darauf bringt schon das Köpfchen. Noch eine weitere Wehe und unser kleines Wunder hat den Weg zu uns geschafft – so schön dass du da bist! Diese Geburt war so heilsam und so ein Geschenk, erleben zu dürfen, das der Mensch genau spürt was gut ist und intuitiv das richtige macht, selbstbestimmt im geborgenen Rahmen des trauten Heimes und der Familie, vertraut und intim. Danke dafür!