Janosch´s Traumstunde

 

 

 

Es war Mittwoch Abend und dein Papa kam spät gegen 22.30 Uhr aus dem Büro. Deine große Schwester schlief schon tief und fest und ich hab mich auf der Couch eingemummelt. Das war gar nicht mehr so leicht, weil mein Bauch schon ziemlich prall war. Schon seit paar Wochen spürte ich immer wieder so ein Ziehen, aber heute war es irgendwie anders…Es war nicht besonders stark, aber hörte nicht mehr auf, wie sonst. Der Blick auf die Uhr verriet: Das „Ziehen“ kam alle 5 Minuten. Ich sagte noch zu deinem Papa: „Ich mag gar nicht, dass das Baby heute kommt.“ Weil ich dachte, dass Marlene nicht kommen könne und wir ins Geburtshaus müssten. Vorsichtshalber riefen wir trotzdem schon mal deine Oma Angie an und ich ging die Wanne, um zu sehen, ob die Wehen blieben. Ja- sie kamen jetzt schon alle 3,5 Minuten. Also raus aus der Wanne und nochmal die Oma anrufen. Sie wollte schon bei dem ersten Anruf sofort losfahren und Habibi und Sunny abholen. Jetzt durfte sie kommen. Und natürlich riefen wir gleich Eva an. (Dein Papa hat im Nachhinein verraten, dass er schon Bammel hatte, dass du vor Evas Eintreffen zur Welt kommen könntest)

 

Gegen 0.00/0.30 Uhr kamen dann relativ zeitgleich Oma und Eva an. Eva untersuchte mich während einer Wehe und tatsächlich: der Muttermund war schon bei 7cm! Holla!! Das hätte ich nicht gedacht. Aber die größte Überraschung war, dass Eva jetzt sagte: „Gut, dann ruf ich jetzt die Marlene an!“ WAS? Ich dachte, heute wäre einer der Tage, an denen sie nicht könne. Aber sie hatte Eva geschrieben, dass sie bis 6.00 Uhr erreichbar wäre. JUHU!!! Unsere Traumgeburt zu Hause konnte doch stattfinden!

 

Die Wehen wurden dann auch bald heftiger und ich musste mich sehr aufs Veratmen konzentrieren. Vom letzten Mal hatte ich gelernt, dass ich mich bloß nicht hinlegen und chillen darf- die Wehen sind gut und jede Wehe bringt mein Baby schneller zu mir. Also lief ich durchs Haus und machte das „Pferd“- Brrrrr. Robin baute den Pool auf. Trotz elektrischer Luftpumpe schlief Habibi direkt über uns seelenruhig. Das war ja eigentlich anders geplant, aber wir hatten beschlossen, sie nicht aufzuwecken, sondern abzuwarten, ob und wann sie aufwachen würde. Dann könnte deine Oma ja immer noch mit ihr wegfahren. Der Pool füllte sich mit Wasser, Marlene war inzwischen auch da und wir machten uns für den Endspurt bereit. Doch dann der Schock: das Wasser hatte eine Temperatur von 25°C. Oh no! So was kommt in einem alten Haus mit nicht so großem Wasserspeicher vor…also noch nicht in den Pool, sondern Töpfe und Wasserkocher mobilisieren. Ich weiß nicht, wie lange das dauerte. Irgendwann verschwand Robin mal, um sich bissl auszuruhen, was voll in Ordnung war, weil ich die Wehen gut mit Eva, Marlene und deiner Oma veratmen konnte.

 

Als das Wasser dann eine angenehme Temperatur hatte, sind dein Papa und ich „planschen“ gegangen. War vielleicht gar nicht schlecht, dass es bissl länger gedauert hat, denn jetzt ging es relativ schnell zum Endspurt. Die Wehen waren ziemlich heftig- vor allem im 4- Füßlerstand. Dann nochmal Positionswechsel. Robin hielt mich von hinten und ich saß in seinem Schoß. Langsam merkte ich, dass ich etwas müde wurde. Eva und Marlene spielten „good Cop- bad Cop“. Marlene die Gute: „Du hast Zeit. Veratme die Wehe ruhig.“ Eva die Böse: „Auf geht’s Lydi, du weißt, um 6.00 Uhr muss Marlene weg!“ Aber in einem waren sie sich einig: Ich solle auf mein Gefühl hören und danach handeln. Und so haben sie sich perfekt ergänzt. Ich traute mich zu pressen, aber auch paar Wehen zu veratmen, um Kraft zu tanken. Aber als ich die Müdigkeit immer mehr spürte, bekam ich Angst, ob mir die Kraft reichen würde. Marlene gab mir jetzt den super Tipp: Ich solle, bei der nächsten Wehe mal fühlen, wie sehr sich dein Köpfchen bewegt. Zuerst traute ich mich nicht, weil ich glaubte, die Hand zum Festhalten zu brauchen. Doch ich vertraute Marlene und es war unglaublich! Du warst ja schon fast da! Ich nahm nochmal alle Kraftreserven zusammen und schwubb, war dein Köpfchen draußen. Und nochmal mithelfen und du warst ganz da- und es war wunderbar! Unser Janosch. (Wärst du ein Mädchen hätten wir dich Madita genannt) In der Zwischenzeit ist deine große Schwester aufgewacht, mit dem ersten Krähen von Hahn Christo. Oma Angie kam mit ihr runter als wir noch im Pool waren und Habibi wollte gleich mit zu uns rein ins Wasser. Aber wir haben das erste gemeinsame Kuscheln lieber nach draußen verlegt, nachdem die Nabelschnur auspulsiert war.

 

Alles in allem, von der ersten Wehe um 22.30 Uhr bis zum Schlüpfen um 4.05 Uhr dauerte es also 5,5 Stunden und ich durfte deine Geburt ganz bewusst erleben. Und obwohl du ein Oschi von 3,9kg warst, hast du es mir wirklich nicht schwer gemacht. Den ersten Anblick, als du auf meinem Bauch lagst, werde ich nie vergessen: mit großen Kulleraugen hast du dich ganz ruhig umgesehen, als ob du gerade aus einem tiefen Schlaf mit schönen Träumen erwacht bist.